December 5, 2004 at 7:59:02 PM CET |
(Bauhaus) by sol |
Thüringische Landeszeitung vom 04.12.04 Ressort: Weimar
Blasphemie des Bauhaus-Geistes
Mit der Absage der Bauhaus-Uni, kein Bauhaus-Institut in Shanghai aufzubauen, wurde die chinesische Seite verärgert. Der Mentor des Projekts und Chef des Anting-Investors Siacre schreibt in einem offenen Brief an den amtierenden Rektor der Bauhaus-Uni, Professor Werner Bidlingmaier:
Die im September stattgefundene deutsch-chinesische Kulturwoche in Anting war ein großer Erfolg und hat sowohl bei den deutschen als auch bei den chinesischen Teilnehmen eine außerordentlich positive Resonanz gefunden. Die bevorstehende Gründung des Bauhaus-Shanghai Institutes ist ein Ergebnis der freundschaftlichen und erfolgreichen Kooperation zwischen Deutschland und China. (...) Aber heute kommt aus Weimar, (...) von der 1989 angeblich im Geiste des Bauhauses gegründeten Bauhaus-Universität die Nachricht, dass aufgrund irgendeines Druckes die schon veröffentlichte Kooperation gekündigt wird. Das ist eine Blasphemie des selbstständigen, freien, kreativen Bauhausgeistes. Wenn es allerdings den Charakter des Bauhauses, nämlich Kreativität, Selbstständigkeit, Selbstbewusstsein und Mut nicht gibt, dürfte es entweder das Bauhaus nie gegeben haben oder der Bauhausgeist ist von mir und modernen Chinesen falsch interpretiert worden, oder es hat sich dieser Geist schon vom deutschen Volk verabschiedet, dann allerdings wäre auch die Basis für eine Kooperation nicht gegeben. Aus diesem Grund bin ich froh, dass ich diese falsche Kooperation gerade noch rechtzeitig beenden kann, obwohl wir schon viel Energie in die Vorbereitung eingesetzt haben und obwohl Anting New Town dadurch einen nicht unerheblichen ideellen Schaden erfährt. (...)
Wenn ich an den ersten Besuch in Weimar denke, erinnere ich mich an mein starkes Gefühl der Bewunderung für die Bauhaus-Universität. Heute muss ich leider feststellen, dass ich betrogen worden bin, und dieses Gefühl tut mir weh. Ich bedauere Weimar, die Kulturhauptstadt Europas, zum einen, dass es eine wertvolle Sache verloren hat, und zum anderen, dass es nicht merkt, dass es eine wertvolle Sache verloren hat.
Prof. Chunlu Fei,
Shanghai